Ein Verein mit Tradition und Leidenschaft

Willi Salamon prägte in fünf Jahrzehnten den BVH Dorsten

Jo Gernot

Treue wurde belohnt: Willi Salamon ehrt Benno Gesing für 250 Spiele im BVH-Dress. Mit von der Partie sind Herbert Haring (li), Dieter Feller und Klaus „Lömm" Heinrichs.

Holsterhausen. Willi Salamon war ein Glücksfall für den Dorstener Sport. Der einstige Chef der Dorstener Stadtverwaltung hat in seiner Heimat Holsterhausen ein kleines Wunder bewirkt und seine geliebten BV Holsterhausen, heute bekannt als BVH Dorsten, zu einer Visitenkarte des Amateurfußballs der 1950er und 1960er Jahre geformt.

Wer war dieser Willi Salamon, und wie begann seine Laufbahn als einer der erfolgreichsten Vereinspräsidenten im Dorstener Stadtgebiet? Bereits 1951 übernimmt der Mann, der in der Amtsverwaltung des der damaligen „Herrlichkeit Lembeck" mit allen klassischen, preußischen Tugenden den Aufstieg vom Auszubildenden zum Chef geschafft hat, die Geschicke des Arbeitervereins BV Holsterhausen.


Wie muss man sich Fußball von damals vorstellen? Hinter der Vereinskneipe Schmitz an der Ecke Waldstraße und Borkener Straße ist ein Stück Acker angelegt, auf dem Fußball möglich ist. Die Spieler des BVH sind in der Regel Bergleute, die nach dem Spiel mit dem Fahrrad zur damaligen Bonifatiusstraße radeln und sich dort in der öffentlichen Badeanstalt duschen. Salamon erkennt, dass ein Verein nur gedeihen kann, wenn er ein Zuhause hat. Auch wenn Willi Salamon nach zwei Jahren seiner Ägide den Vorsitz an Siegfried Schilb abgeben muss: Das Energiebündel hat Pläne und die setzt es konsequent um, als es 1957 zurück in das Amt des Vorsitzenden zurückkehrt. „Was dann kam, war eine Zeit, die man getrost als ein Sportmärchen bezeichnen kann. Mit Franz Winkler traf Willi Salamon einen Trainer, der einen ebenso gesunden Ehrgeiz hatte, wie er selbst. Und dann legten die Beiden los", erinnert sich der heutige Chef der Holsterhausener, Jürgen Kirsch. „Die beiden Lenker und Denker des BVH kann man ohne weiteres mit einem Gespann Hoeneß und Hitzfeld vergleichen. Salamon öffnete Türen bei Sponsoren und half dem Verein, wo er konnte. Geräuschlos wenn es sein musste. Sein Wort zählte und ein Handschlag war mehr wert, als mancher Vertrag, der heute geschrieben wird", sagt Kirsch weiter.


Dabei war der Vorsitzende kein Schmusetier und sagte sehr deutlich, wo die Reise lang geht. „Anders wäre ein derartiger Aufschwung, wie ihn der BVH erlebt hat, auch nicht möglich gewesen", so Jürgen Kirsch. Willi Salamon brachte den Bau des Waldsportplatzes auf den Weg und noch heute kann man an der Architektur des Platzes sehen, dass der Mann sportliche Visionen hatte, die weit Abseits der Kreisliga rangierten: Vier Kassenhäuschen waren gebaut worden, um den Zuschauerströmen gerecht zu werden. Der Verein hatte seine Heimat mit Umkleidetrakt, Tennenplatz und Platzwartwohnung.


Es stellten sich die Erfolge ein: Landesliga, Verbandsliga und 1963 der Sprung in die höchste Deutsche Amateurspielklasse belohnten Salamons unermüdlichen Einsatz. Er hatte erkannt, dass eine ansprechende Jugendarbeit der Schlüssel zum Erfolg ist. Spitzenspieler wie die Pröpper-Jungs, Dieter Feller, Klaus Heinrichs, Benno Gesing und natürlich Siegfried „Bulle“ Dietrich waren Holsterhausener Jungs, arbeiteten vor Kohle auf Leopold oder bei der Stadt, und zu Spitzenspielen standen oft 2000 Zuschauer und mehr auf den Rängen. „Der Rekord waren rund 5000 Zuschauer im Spiel gegen Eintracht Rheine", erinnert sich Jürgen Kirsch.


Willi Salamon hatte seine Ziele erreicht. „Mein Vater hat den Verein geliebt. Er war ein Macher, der Sponsoren gesucht hat und für den Verein begeistern konnte. Er war ganz sicher eine prägende Figur für den Verein, und bis in das hohe Alter hat er geholfen, wie er das konnte. Ich fühle mich der Familientradition verpflichtet und bin auch ein BVH-Fan“, sagt Willi Salamons Sohn Jürgen, der als Mäzen des Dorstener Sports in die Fußstapfen, die sein Vater hinterlassen hat, getreten ist.



1964 gibt Willi Salamon sein Amt ab, bleibt aber dem Verein verbunden. Sein Rat hat Gewicht und als 1971 niemand die Nachfolge von Karl Schlagenwerth antreten will und der Verein von Existenznöten geplagt ist, steht der Vereinssoldat Salamon bereit, sich in die Pflicht nehmen zu lassen: Von 1971 bis 1976 jongliert der erfahrene Macher den Club durch schweres Fahrwasser. Trotz leerer Kassen hielt sich der Club in der Landesliga: Willi Salamon konnte halt auch ohne ein Bündel Geldscheine motivieren.



Als er 1976 sein Amt aufgab, war der Boden beim BVH gut bestellt. Willi Salamon blieb der Berater im Hintergrund. Wie sein alter Weggefährte Franz Winkler sprach er manch deutliches Wort, wenn der Verein die Linie wechseln wollte. Willi Salamon war immer ein Anwalt der Jugendarbeit und hat Spuren in seinem „Ballspielverein“ hinterlassen, die bis zum heutigen Tag Leitlinien sind. Immer wenn der Verein sich abseits davon bewegt hat, waren Krisen die Folge. Willi Salamon hat bis zu seinem Tod im Jahr 2004 das Geschehen auf dem Waldsportplatz verfolgt. Der Verein ist jetzt 90 Jahre alt und fast fünf Jahrzehnte davon hat Willi Salamon geprägt.


Vergessen wird er nie und wenn demnächst die neue Zuschauertribüne am Waldsportplatz fertiggestellt ist, wird sie den Namen von Willi Salamon tragen. Das Material dafür hat Sohn Jürgen spendiert. Gebaut hat sie der BVH selbst. Fordern Fördern – Das ist die Handschrift der Salamons.

Geschichtsbuch des Dorstener Sports